Bert Sutter folgt auf Thomas Burger
15.11.2023


Bert Sutter, Geschäftsführender Gesellschafter der Sutter Medizintechnik GmbH aus Emmendingen, ist neuer Präsident der wvib Schwarzwald AG. Der Familienunternehmer steht als langjähriges wvib-Mitglied in der Tradition einer liberal verstandenen, ökosozialen Marktwirtschaft und für die Themen Freiheit, Deregulierung und eine starke Rolle der Wirtschaft in der Gesellschaft.
Bert Sutter ist Nachfolger von Thomas Burger (Burger Group). Der Schonacher Unternehmer war seit 2017 oberster Repräsentant der wvib Schwarzwald AG. Die Amtszeit des wvib-Präsidenten ist auf zwei dreijährige Amtsperioden begrenzt, weshalb Burger turnusgemäß ausscheidet.
Die Pressemitteilung zur Jahreshauptversammlung finden Sie hier.
Lesen Sie die Reden von Thomas Burger und Bert Sutter zur Jahreshauptversammlung im Wortlaut:
Antrittsrede neuer wvib-Präsident Bert Sutter
Liebe Ehrenpräsidenten - lieber Thomas Burger, lieber Klaus Endress,
lieber Christoph,
Meine Damen und Herren,
Vor Jahren war in meinem Unternehmen das betriebliche Vorschlagswesen eingeschlafen. Ich weiß, dass das bei den meisten von Ihnen in Ihren Unternehmen nicht der Fall ist. Aber uns ist es passiert.
Also was haben wir gemacht? Wir haben eine Taskforce gegründet. Eine Gruppe von Mitarbeitenden hat sich darum gekümmert, das ganze Konzept neu zu beleben und eine neue Struktur zu finden. Schnell war klar, dass wir best-practice Beispiele brauchen, um uns inspirieren zu lassen.
Es hat mich ganze drei Anrufe gekostet, um für dieses Team Termine zum Anschauen zu vereinbaren, und von den Besten zu lernen: Ein Anruf bei Bernd Neugart direkt. Ein zweiter Anruf beim Verband. Dort wurde mir Jürgen Walcher mit seinem Unternehmen empfohlen. Es gab dann gleich noch eine Terminvereinbarung mit einem Experten auf der I+E, die es damals noch gab. Der dritte Anruf ging dann direkt an Jürgen Walcher.
Überall hieß es: „Gar kein Problem. Komm mit deinem Team einfach vorbei, dann zeigen wir euch alles.“
Wir waren dort. Es gab Brezeln und Getränke und ganz viele Informationen direkt im Werk. Der Input war von unschätzbarem Wert. Unser Programm hieß nachher „Deine Idee“ und hat großen Erfolg gehabt. Innerhalb des ersten Jahres haben wir mehr als 2 Verbesserungen pro Mitarbeiter umgesetzt.
Wenn sie von quasi Null kommen, ist das eine Menge! Das wäre so nicht möglich gewesen, ohne dass das ganze Team eingeladen gewesen wäre hineinzuschnuppern.
Das, meine Damen und Herren, ist es: Wo sonst finden wir ein Netzwerk von Industrieunternehmen, bei denen wir uns mittelstandstaugliche Best-Practices auf Weltniveau abschauen können?
Das Motto im wvib ist „Menschen in Unternehmen wirksamer machen“. Früher hieß es, Menschen und Unternehmen wettbewerbsfähiger machen, was mir noch besser gefallen hat. Denn darum geht es ja: Wir stehen im Wettbewerb, und wir müssen uns täglich behaupten. Wir können jede Hilfe gebrauchen, die wir bekommen können.
Alles, was ich sagen möchte, meine Damen und Herren, ist, dass Sie im richtigen Verband sind! Mich motiviert das und es ist ein wichtiger Grund für mich, mich zu engagieren; In diesem Netzwerk zu arbeiten und meinen Beitrag zu leisten. Es geht darum, dass die industriellen Unternehmen aus der Region weiterhin im internationalen Wettbewerb bestehen können.
Ich möchte mich bei Ihnen, liebe Verbandsmitglieder, dafür bedanken, dass ich Ihr neuer Präsident sein darf und für das Vertrauen, das Sie alle in mich setzen.
Unser Verband hat über 1.000 Mitgliedsunternehmen, was bedeutet, dass eine Zahl von irgendwo zwischen 1.000 bis 2.000 starken Persönlichkeiten auf den Chefposten dieser Unternehmen sitzen. Diese werden repräsentiert durch Beirat und Vorstand. Dass diese erlesene Gruppe mir das Vertrauen schenkt, den Verband zu repräsentieren, ist schon etwas Besonderes.
An dieser Stelle möchte ich den Präsidenten Burger und Endress meinen ausdrücklichen und von Herzen empfundenen Dank aussprechen für die Arbeit, die sie in den letzten anderthalb Jahrzehnten im Verband geleistet haben. Und auch dafür, dass ich sie als Vorbilder für eine erfolgreiche Präsidentschaft kennen gelernt habe.
Ich darf von Dir, lieber Thomas, den Staffelstab übernehmen. In deine Amtszeit fiel die Corona-Pandemie, was vieles nicht einfacher gemacht hat. Dennoch hast du es geschafft, den Verband zusammen mit dem Team weiterzuentwickeln. Der Verband hat sich unter deiner Führung eine zukunftsweisende und klare Strategie für die digitale Welt gegeben.
Du hast dich für den CO2-Zertifikatehandel eingesetzt und für faire Bedingungen in der automobilen Lieferkette. Gemeinsam mit der IHK wurde das wichtige Format des Automotive-Gipfels geschaffen. Du hast einen Lehrstuhl für Kobotik an der Hochschule Offenburg ins Leben gerufen, der von 14 wvib-Mitgliedern finanziert wird. Das Verbandsteam hat sich neu organisiert: In einer schnellen Welt braucht es vor allem Netzwerker. Statt Beratern für Technik und BWL gibt es im Verband jetzt Community Manager, Cluster und Szenen.
Du hast viel Zeit und Herzblut investiert. Bist im Ehrenamt viele Kilometer gefahren und geflogen und hast unermüdlich für die Interessen des Verbandes gekämpft. Eine großartige Leistung, die mir gleichzeitig Ansporn ist. Vielen herzlichen Dank!
Dass der Verband heute so gut dasteht, ist zum großen Teil auch Dein Verdienst. Er ist inhaltlich, personell und finanziell stark. Diese Erfolgsgeschichte ruft nach Fortsetzung!
Genauso gebührt großer Dank auch unserem Hauptgeschäftsführer
Dr. Christoph Münzer. Lieber Christoph, in deiner Rolle zwischen ehrenamtlichen Alphatieren und dem engagiertem 65-Mitarbeiter starken Team braucht man Kreativität, Humor und Fingerspitzengefühl.
Mein eigenes Unternehmen hat über die Jahrzehnte immer wieder sehr von diesem Netzwerk profitiert. Wir stehen als familiengeführtes Industrieunternehmen aus dem Südwesten exemplarisch für viele der wvib-Unternehmen.
Mit rund 170 Mitarbeitenden entwickeln und produzieren wir hier in der Region innovative Medizintechnik, die weltweit vermarktet wird.
Gut drei Viertel der Mitgliedsunternehmen haben weniger als 250 Beschäftigte. Die Gruppe der Unternehmen mit zwischen 100 und 250 Beschäftigten stellt das größte Einzelsegment dar.
Ich selbst repräsentiere die zweite Generation eines über 50jährigen Unternehmens – auch das nichts Ungewöhnliches.
Die Bedürfnisse der großen und der kleinen Industrieunternehmen in greifbaren Nutzen umzuwandeln, das gelingt dem Verband sehr gut.
Als Badener kann man auch schwäbische Tugenden schätzen. So freut es mich, dass wir das Fest heute nicht alleine bezahlen müssen. Einen herzlichen Dank an unsere Sponsoren: Advertum aus Stuttgart, die Knaisch Consulting aus Ettlingen, die BW Bank, die LOEBA Treuhand aus Lörrach, die Staufen AG aus Köngen und HR - Works aus Freiburg.
Meine Damen und Herren,
Ein Thema, das uns alle umtreibt, ist der anhaltende Arbeitermangel. Vom Fachkräftemangel allein mag man schon gar nicht mehr reden. Sie alle kennen es aus Ihren Unternehmen: Der „War-for-Talents“ ist in vollem Gange. Der Verband muss hier Angebote schaffen. Vieles läuft bereits. In einigen Jahren, wenn der Pillenknick richtig zuschlägt, wird es noch viel mehr brauchen.
Die Unternehmen haben darauf individuelle Antworten. Gliedern lassen sie sich in drei Kategorien:
Zum ersten, die vorhandenen Leute durch Automatisierung noch produktiver zu machen. Das ist auch der Grund, weshalb Thomas Burger sich so sehr für den Kobotik-Stiftungslehrstuhl eingesetzt hat. Ohne ein Mehr an Automatisierung wird es in Zukunft nicht gehen. Die Digitalisierung als Automatisierung und Verknüpfung von Information gehört hier ebenso dazu. Der wvib unterstützt bereits heute und in Zukunft wohl noch viel mehr mit best-practices und Weiterbildung.
Zum zweiten – auch das gehört zur Wahrheit dazu - wird vielen die behutsame Verlagerung von Wertschöpfung ins Ausland ein Ausweg sein.
Gerade die kleineren Unternehmen haben hier Schwierigkeiten, weil die kritische Masse fehlt. Der Verband kann hier mit gezielter Vernetzung von denen, die den Schritt bereits gegangen sind, und jenen, die ihn erst noch vor sich haben, unterstützen.
Und als dritter Punkt schließlich die Ausbildung junger Menschen für die Berufe, die wir brauchen.
Über 6% der Jugendlichen haben keinen Schulabschluss. Das sind in Deutschland fast 48.000 junge Menschen jedes Jahr!
Über ein Viertel der Studierenden bricht das Bachelorstudium ab, rund ein Fünftel das Masterstudium. Alle diese jungen Menschen haben potenziell Fähigkeiten, die wir nutzen können. Sie müssen sie aber auch erlernen können und wollen! Aus reinem Eigennutz: Wir brauchen diese jungen Menschen in unseren Betrieben! Die duale Berufsausbildung ist der richtige Weg für diese Menschen. Dazu müssen sie motiviert und befähigt werden. Lassen Sie uns gemeinsam Wege und Formate finden, wie wir dieses Potenzial erschließen können. Wenn nicht wir Unternehmerinnen und Unternehmer es tun, wer dann?
Und jene, die die Schule abschließen, die einen Studiengang beenden, haben oft erschreckend wenig Ahnung davon, welche tollen Arbeitsplätze moderne Industrieunternehmen bieten. Christian Erbe, Präsident der IHK Reutlingen, Tübingen, Zollernalb und des BWIHK – und zugleich mein lieber Schwager – hat mir folgende Geschichte erzählt: Bei einer Info-Veranstaltung in seinem Unternehmen waren rund 40 BWL-Studenten gekommen. Auf die Frage, wer denn schon einmal die Produktion eines Industrieunternehmens gesehen hätte, hoben sich vier Hände. 10 Prozent! Das ist eine erschreckende Praxisferne.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam daran etwas ändern. Lassen Sie uns gemeinsam im Schulterschluss mit anderen Wirtschaftsvertretern, mit Kammern und Verbänden, in die Schulen und Hochschulen gehen und für den Arbeitsplatz Industrie werben. Wenn wir es nicht tun, wer dann?
Wir werden im Verband Formate ausarbeiten, um hier zu helfen. Gerne im Schulterschuss mit anderen. Dieses Thema geht uns alle an. Sprechen Sie mich gerne an, wenn Sie dazu bereits Erfahrungen oder Ideen haben.
Heute sind auch Vertreter von Universität Freiburg und Hochschule Offenburg bei uns. Das freut uns sehr! Mit der Hochschule Offenburg arbeiten wir bereits eng zusammen. Für das nächste Jahr haben wir auch mit der Universität Freiburg gemeinsame Pläne. Ich sage nur so viel: Das Potenzial des Technologietransfers ist noch längst nicht ausgeschöpft! Herzlichen Dank für Ihr Commitment. Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit!
Die Welt wackelt. Die Kriege in der Ukraine und in Israel bringen Angst und schreckliches Leid über die Menschen vor Ort. Das allein wäre schon Grund genug, sich zu sorgen. Selbst die kleinen Ausläufer der Beben kommen überdeutlich bei uns an. Und sie treffen auf ein strukturell schwaches Land. Wir sind nicht im Krieg, das ist gar nicht vergleichbar. Aber nur mit einer starken Wirtschaft ist Deutschland stark und kann der Ukraine und Israel auch angemessen beistehen.
Die Rahmenbedingungen für unser unternehmerisches Tun werden aber gerade immer schlechter! Die mutmaßlichen Gründe und was zu tun ist, sind ausreichend von allen möglichen Experten beleuchtet worden. Darauf will ich gar nicht eingehen. Alle Dinge, von denen wir wissen, dass sie sich ändern müssen, wie Bürokratisierung und Steuerbelastung und langsame Planungsverfahren, Fachkräftemangel usw. möchte ich auf einen einfachen Punkt bringen: Um ein Unternehmen zu führen, sind wir davon abhängig, dass wir die nötige Freiheit dazu haben.
Diese Freiheit wird angegriffen und an vielen Stellen bereits beschnitten. Nun ist uns allen klar, dass die Freiheit des einen da endet, wo die Freiheit des anderen beginnt. Und damit ist uns auch allen klar, dass für eine funktionierende Wirtschaft Regeln notwendig sind. Das bedeutet automatisch Begrenzungen für Einzelne und für Unternehmen. Das ist auch in Ordnung so.
Freiheit braucht einen Rahmen.
Die große Frage ist nun, welches Verständnis wir darüber in diesem Land haben, wie weit Einschränkungen gehen sollen.
Ich möchte dies am Beispiel der Vertragsfreiheit illustrieren.
Das Bundestariftreuegesetz soll es Unternehmen, die nicht tarifgebunden sind bzw. mindestens tarifliche Löhne zahlen in Zukunft nicht mehr möglich machen, an öffentlichen Aufträgen von über 10 Tausend Euro Volumen teilzunehmen. In Baden-Württemberg gibt es so etwas schon für Aufträge ab 20 tausend Euro. Rund 90 Prozent der Unternehmen der Schwarzwald AG sind nicht tarifgebunden. Wir wissen auch, dass der industrielle Mittelstand im Südwesten beileibe keine schlechten Löhne bezahlt. Und dennoch greift der Gesetzgeber in die Tarifautonomie ein und stellt den Tarif über die Koalitionsfreiheit bzw. die negative Koalitionsfreiheit.
Natürlich steht es uns frei, und das wird hoffentlich auch so bleiben, Mitglied eines Tarifvertrags zu werden oder eben auch nicht.
Es soll aber so sein, dass, wenn wir es nicht sind, wir nicht mehr – oder nur nach Erledigung großen bürokratischen Aufwands - mit allen denen Geschäfte machen dürfen, mit denen wir es gerne würden und die es auch gerne mit uns tun würden.
Das ist Freiheitsbegrenzung.
Eine andere Art der Beschränkung der Vertragsfreiheit ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Dort werden übertriebene Hürden errichtet, mit bestimmten Lieferanten im Ausland Lieferverträge abzuschließen. Sogar im EU-Ausland! Niemand kann dagegen sein, dass Kinderarbeit oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen bekämpft werden müssen. Den Unternehmen aber Lasten aufzubürden, die auf der politischen Ebene nicht gestemmt werden können, ist nicht in Ordnung. Und es trifft nicht nur die Großen: Auch den kleineren Zulieferern sind die Anforderungen durch deren Großkunden aufzuerlegen. So kommt das Gesetz durch die Hintertür in ganz viele kleine und mittlere Zulieferbetriebe.
Auch das ist Freiheitsbegrenzung.
Es sind viele Freiheiten - im Grunde alle bürgerlichen Freiheiten - die zusammengenommen unsere unternehmerische Freiheit bestimmen bzw. ermöglichen. Es ist gerade in Mode, Freiheit in Frage zu stellen oder sie zumindest mit viel Bürokratismus und durch Paternalismus zu belasten. So wird der Handlungsspielraum in der Realität, in welcher Wirtschaft stattfindet, dramatisch eingeschränkt.
Es ist wie mit Gulliver bei den Liliputanern. Hier ein Faden der Einschränkung – das tut doch gar nicht weh! Dort ein Passus in einem Gesetz – wer kann denn dagegen was sagen? Und plötzlich sind es so viele Fäden, dass man sich gar nicht mehr bewegen kann.
Das können wir so nicht hinnehmen!
Als Verband von Industrieunternehmen mit insgesamt mehr als 300.000 Mitarbeitern müssen wir unsere Stimme zur Verteidigung dieser Freiheit erheben. Wenn nicht wir, wer dann!?
Hier schließt sich der Kreis. Die wvib Schwarzwald AG will Menschen in Unternehmen wirksamer machen. Sie zum Bestehen im harten Wettbewerb befähigen. Ein Unternehmen, das erfolgreich im Wettbewerb besteht, hat ein Fundament. Es wird früher oder später Gewinn machen. Es muss Gewinn machen. Daraus erwächst Handlungsspielraum. Und dieser Handlungsspielraum ist eine Quelle unternehmerischer Freiheit.
Das ist das Versprechen des wvib nach innen, in die Unternehmen hinein. Wettbewerbsfähig zu sein heißt, Freiheit zu haben.
Wie können wir nach außen hin wirken?
Wir alle leiden an politischen Vorgaben und dem, was wir an Rahmenbedingungen vorfinden. Wenn wir es uns wünschen dürften, dann wäre dieser Verband der ordnungspolitische Kompass für viele Entscheider in der Politik im Land und im Bund. Nicht, weil wir alle volkswirtschaftlichen Szenarien draufhaben. Sondern weil wir die Industrie im Land sind. Weil bei uns die Wertschöpfung stattfindet. Weil wir Unternehmer wissen, wie es geht, Wirtschaft erfolgreich zu machen.
Eine Utopie, werden Sie vielleicht sagen.
Der Zyniker würde sagen, dass ein kleiner Verband im linken unteren Eck der Republik niemals Einfluss wird nehmen können. Der Realist sagt, dass wir uns sehr wohl Gehör verschaffen können. Wir haben es bereits getan und wir werden es weiterhin tun: Uns Gehör verschaffen.
Die Mitarbeiterin, die den Gastbeitrag ihres Chefs in der Zeitung liest, wird bei der nächsten Wahl vielleicht einmal mehr darüber nachdenken, was die Parteien zur Wirtschaftspolitik sagen. Der Unternehmerkollege wird sich vielleicht angespornt fühlen, mit dem eigenen Bundestagsabgeordneten zu sprechen. Die Politikerin mag sich vielleicht des gleichen Artikels erinnern. Oder an ein persönliches Gespräch. Und in der Folge die Belange der Industrie ernst nehmen. Wenn wir uns nicht für die Marktwirtschaft einsetzen, wer denn dann?
Deshalb werde ich mich in meiner Präsidentschaft auch dafür einsetzen, dass wir als Wirtschaftsverband industrieller Unternehmen unsere Stimme erheben werden zur Bewahrung marktwirtschaftlicher Prinzipien im Geist der Freiburger Schule. Eine liberale Marktwirtschaft, die auch ökologisch und sozial ist. People, Planet, Progress eben.
Wir werden unsere Stimme erheben zur Verteidigung der unternehmerischen Freiheit. Denn wenn nicht wir, wer dann!?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Blick zurück von Thomas Burger:
Lieber Stephan Trahasch,
Lieber Bert, lieber Christoph
meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich danke Ihnen allen, dass Sie heute hier sind.
Es ist ja bekannt, dass wir Schwarzwälderinnen und Schwarzwälder uns schwertun, ein ehrlich gemeintes Lob einfach so anzunehmen. Der Grundsatz nicht geschimpft ist genug gelobt steckt Badenern und Schwaben gleichermaßen tief in den Knochen. Vor allem den Unternehmern! Und ja, auch wenn es schwerfällt: Wir können auch einmal stolz auf unseren Erfolg sein. Stolz ja, aber nicht bequem und selbstzufrieden.
Mit der Stiftungsprofessur für Kobotik und soziotechnologische Systeme engagieren sich Schwarzwald AG und Hochschule Offenburg gemeinsam für den Technologietransfer. Tüftler, Wissenschaftler und Unternehmer aus Hochschule und Industrie kommen zusammen, um gemeinsam an Innovationen zu arbeiten. Ich bedanke mich und nehme diese besondere Auszeichnung mit Stolz und Freude entgegen. Sie bedeutet mir sehr viel. Mit dieser Würdigung haben Sie mich, sehr geehrter Herr Professor Trahasch, wahrlich überrascht. Der intensive Austausch zwischen den Mitgliedsunternehmen und der Hochschule Offenburg ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich sehe die Auszeichnung auch als Auftrag, diese fruchtbare Zusammenarbeit weiter zu vertiefen.
In der Burger Group machen wir unser Geschäft mit Lösungen für die Antriebstechnik. Der Grundsatz Stillstand ist Rückschritt gilt für unsere Produkte, beschreibt aber auch das Mindset der Schwarzwald AG. Die Geschichte der Schwarzwald AG war in den letzten sechs Jahren eine Erfolgsgeschichte. Das gilt aber leider nicht für die Geschichte des ganzen Landes. Es wäre völlig falsch, diese Situation zu beschönigen. Deutschland tritt auf der Stelle. Wirtschaftlich wie politisch. Als Antreiber und Unternehmer tut mir das im Herzen weh. Deshalb werden sie von mir heute auch keine sentimentale Rede zur Vergangenheit bekommen.
Museen sind zwar schön. Aber wir dürfen nicht aus der ganzen Bundesrepublik ein Industriemuseum machen. Wir sind gerade auf dem besten Weg dahin! Deshalb schließe ich an dieser Stelle lieber mit einer Warnung und mit Zuversicht.
Meine verehrten Damen, liebe Herren, Schonach liegt mitten auf dem Weltmarkt!
Das ist kein flotter Werbespruch eines mittelständischen Industrieunternehmens. Es geht auch nicht darum, eine kitschige Idylle vom fleißigen Mittelständler am murmelnden Bächlein zu zeichnen. Es ist ein Warnruf an Politik und Gesellschaft: Wir sind auf dem besten Weg, uns vom Weltmarkt zu entfernen!
Ja, wir haben im Südwesten global wettbewerbsfähige Unternehmen, gute Ingenieure und loyale Belegschaften. Wir sind – siehe Robotik und Kobotik – erfinderisch und schaffig. Wir bilden aus und zahlen Steuern. Wir tricksen nicht auf den Cayman Islands. Wir rufen auch nicht nach Subventionen. Ich glaube, wir sind oft zu zurückhaltend, zu höflich und zu bescheiden für die Medienwelt von Tiktok, Instagram und X. Wenn unsere Schonachs weiterhin auf dem Weltmarkt liegen sollen, brauchen wir weltmarktfähige Bedingungen. Die Baustellen sind bekannt – und doch müssen wir immer wieder darauf aufmerksam machen.
Die Friedensdividende nach 1989 haben wir in Deutschland nicht klug investiert und eine klaffende Infrastrukturlücke geschaffen. Das gilt für Straßen, Brücken, Schienen und Schulen, für Glasfaser und Mobilfunk. Für Windkraft und eine robuste, stabile Grundversorgung und Infrastruktur für Strom ebenso wie für Forschung und MINT-Ausbildung. Wir haben viel zu lange von der Substanz gelebt. Wir brauchen eine starke NATO, die auch mit einer weniger engagierten USA funktioniert. Sonst werden wir außenpolitisch erpressbar. Ohne äußere Sicherheit gibt es keine Freiheit und keine langfristigen Großinvestitionen.
Andere Länder haben Steuersysteme entschlackt und Tarife gesenkt. Obwohl die Steuerquellen in Deutschland seit Jahren sprudeln, denkt bei uns keiner über die Entlastung der Bürger nach. Unser Tarif, einst für die Besserverdienenden ausgelegt, bestraft heute den tüchtigen Facharbeiter mit einem mittleren Einkommen. Eine Leistungsgesellschaft funktioniert nur, wenn sich Erfolg auch lohnt. Wir haben ständig steigende Staatseinnahmen und wollen trotzdem die Schuldenbremse lockern, damit niemand den Konsumrausch des Staates stoppen kann.
Wir haben die höchsten Energiepreise, steigen aber in einem Rutsch aus Gas, Kohle und Atomkraft aus, ohne eine stabile nationale Stromversorgung zu gewährleisten. Nun wollen wir die teuren Folgen dieser Politik mit Subventionen und Schulden kaschieren. Preiswerten Strom haben wir so noch nicht!
Wir vertreiben Batterietechnologie und Halbleiterwirtschaft nach Südostasien, um dann mit Monster-Subventionen für Chipfabriken politische Handlungsstärke zu simulieren. Auf jedem Bürostuhl in der Intel-Fabrik in Magdeburg liegen 3,3 Millionen Euro vom Staat. Den Mittelstand verwirrt man mit einem Förderlabyrinth, das von immer mehr Beamten verwaltet wird. Die großen Subventionen gehen derweil geräuschlos an die Multis.
Unsere Gesellschaft verweigert den sensiblen Blick auf die Probleme und zieht sich an die politischen Ränder und in die Freizeit zurück.
Im Moment des größten Arbeitskräftemangels wollen die Gewerkschaften die 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Mallorca und die Kanaren sind derweil voller Frührentner. Junge Singles beginnen ihre Karriere mit einem Teilzeitjob. Der Staat finanziert die Rentenversicherung zu einem Drittel, weil die Leistung der Beitragszahler nicht mehr reicht. Und wir diskutieren über Bürgergeld.
Alle Versuche, die Dekarbonisierung in den Griff zu bekommen, lähmen, statt zu beflügeln. Wir gehen an die absolut notwendige radikale Veränderung im Modus der Ministerialbürokratie ran, statt mit der Brille von Unternehmern auf Probleme zu schauen. Mehr detailreiche Gesetze, mehr Beamte, mehr Kontrolle und Strafe, mehr Steuern und mehr Schulden. Dabei müssten wir nur den Preis für CO2-Ausstoss international konsequent erhöhen. Dafür haben wir uns im wvib immer eingesetzt! Der Staat möchte mit seiner Regulierungsdichte den Unternehmen vorschreiben, wie die Wirtschaft zu funktionieren hat. Die verantwortlichen Politiker sollten besser von der Flexibilität, der Dynamik, und dem Pragmatismus der Wirtschaft lernen und die notwendigen Handlungen davon ableiten.
Aber zum Schluss gründet der Staat in seiner Verzweiflung hochrangig besetzte Kommissionen für Entbürokratisierung und Digitalisierung. Ein epochaler Schildbürgerstreich.
Die Lösung ist schnell genannt: Wir brauchen wirtschaftsnähere Bildung und Ausbildung, bessere Infrastruktur, mehr Technologieoffenheit, weniger Subventionen, eine konkurrenzfähige Steuerbelastung und weniger Bürokratie. Wir brauchen mehr qualifizierte Menschen, die in Unternehmen engagierter arbeiten wollen.
Oder ganz kurz: Mehr Vertrauen in Menschen und Märkte. Und: Wir müssen schaffe, nid schwätze. Sonst geht der Weltmarkt woanders hin.
Dafür hat sich der Verband in den letzten sechs Jahren stark gemacht. Wir sind mit Kampagnen und Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen. Mit Einigkeit.Recht.Freiheit., Industrie=Zukunft und #marktwirtschaftreloaded haben wir uns für die ökosoziale Marktwirtschaft eingesetzt.
Lieber Bert, ich fürchte, auch Dir wird die Arbeit an dieser Front nicht ausgehen. Eine starke Lobby für den industriellen Mittelstand ist heute notwendiger denn je!
Du bist nun Präsident, und das macht mich zuversichtlich für die Zukunft! Ich gratuliere Dir zur Wahl und wünsche Dir alles Gute in diesem schönen und anspruchsvollen Amt. Als ich vor sechs Jahren an die Spitze dieses Verbandes gewählt wurde, war der wvib – dank Klaus Endress und seinen Vorgängern – on top of the game. Ich glaube, wir konnten die Organisation in den letzten Jahren um einige Facetten erweitern. Jetzt bist Du am Steuer – Du stehst für klare Koordinaten und Werte, für Verantwortung, Innovation und Reflexion, für Charme und Eloquenz! Du passt zum wvib und Du lebst die Schwarzwald AG - wir freuen uns auf Dich!
Dass der Verband heute so prächtig dasteht, liegt an vielen besonderen Menschen. Ohne Sie, liebe Mitglieder, wäre unsere Industrie-Community nicht das, was sie heute ist. Ich bin stolz darauf, dieser Gemeinschaft sechs Jahre lang als Präsident gedient zu haben. Ich bedanke mich bei Ihnen allen für Ihre Treue, Ihre Anregungen und Engagement, für Kreativität und konstruktive Kritik. Stillstand ist Rückschritt, das gilt auch für Verbände. Liebes Präsidium, lieber Vorstand, lieber Beirat, vielen Dank für Eure Unterstützung und Begleitung. Ihr habt uns gechallenged und unterstützt, gerade in der schwierigen Corona-Zeit.
An dieser Stelle beglückwünsche ich auch von meiner Seite die neu gewählten Damen und Herren in den Gremien und wünsche Ihnen für die zukünftige Arbeit viel Erfolg.
Lieber Christoph, Du verstehst Dein Geschäft blendend. Hauptgeschäftsführer ist kein leichter Job! Du hast die Kreativität, den Humor und das Fingerspitzengefühl für Alphatiere. Die Arbeit mit Dir hat immer große Freude gemacht. Das Gestalten mit Dir und dem ganzen, kompetenten und sympathischen wvib-Team wird mir fehlen. An dieser Stelle ein ganz persönliches Dankeschön an Jonas Vetter, der mir immer sehr engagiert zugearbeitet hat. Ihr alle im Hauptamt tut der Schwarzwald AG gut. Und es wird erfolgreich weitergehen.
Liebe Silke,
ganz zum Schluss komme ich zu Dir! Ich werde dir heute nicht erklären, was du seit 40 Jahren eh schon weißt. Du kennst mich und Schwarzwälder Liebesschwüre! Ohne Dich wäre ich nicht da, wo ich heute bin – und wahrscheinlich auch nicht auf dieser Bühne. Ich will keine abgedroschenen Sprüche mit banalen Bausteinen machen. Rücken frei und so weiter, das kennt jeder. Und es stimmt immer!Ich möchte mich einfach bedanken für das große Verständnis und das tolerante Zurückstehen während meiner Zeit als Präsident. Als Familie mit unseren Söhnen Fabian und Manuel, deren Partnerinnen und unseren 4 Enkelsöhnen sowie unserer Tochter Josephine sind wir ein tolles Team. Danke, dass Ihr für mich da seid!
Nun ist es für mich an der Zeit, diese Bühne als ehemaliger wvib-Präsident endgültig zu verlassen.
Lieber Bert, jetzt bist Du dran!
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich für sechs tolle Jahre und bitte um einen donnernden Applaus für Bert Sutter und die Schwarzwald AG!

Zum Abschied erhielt Thomas Burger ein Buch mit den Reden und Gastbeiträgen aus seiner Amtszeit.