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Dichter Nebel im Wald der Wechselkurse

25.06.2025

Rückblick | Fach-Erfa CFO TOP 100 - Starker Euro taumelnder Dollar: Ein Vorbote der Entkopplung? | 25.06.2025 | online


Es sind nicht nur die Tweets, nicht nur die Zölle, nicht nur die Schlagzeilen. Es ist das systemische Signal, das von der Wirtschaftspolitik Donald Trumps ausgeht: Die Weltwirtschaft steht am Beginn einer neuen Phase – geprägt von strategischer Entkopplung, volatilen Wechselkursen und wachsendem Misstrauen gegenüber dem US-Dollar. Was kann ein mittelständisches Unternehmen tun, wenn Wechselkurse zu einem immer größeren Risko für das Gesamtergebnis werden? Wenn die Produkte auf dem US-Markt immer teurer werden? Oder der Natural Hedge aufgrund der veränderten Supply Chain immer seltener Wirksamkeit entfaltet? Die klare Antwort: Eine ganze Menge. Doch wer sich den Risiken erwehren möchte, muss tiefer in die Zusammenhänge auf den Märkten eintauchen. Siegfried Jaschinski, Partner bei der Augur Corporate Finance GmbH, nahm die Fach-Erfa CFO TOP 100 und Finance & Accounting International mit auf die Reise in die nicht ganz simple Welt der Wechselkurse.

Ausgangslage: Zollkonflikt & Dollar-Schwäche

Seit dem „Liberation Day“ im November 2024 beobachten wir ein beunruhigendes Phänomen: Die klassischen Korrelationen zwischen Zinsen, Kapitalzuflüssen und Wechselkursen sind ausgehebelt. Hohe Zinsen in den USA führen nicht mehr zuverlässig zu einer Dollar-Stärke – im Gegenteil: Internationale Investoren ziehen sich zunehmend zurück. 
 

China und Japan – die größten ausländischen Gläubiger der USA – reduzieren ihre Exponierung. Der US-Konsum wird kaum noch durch ausländisches Kapital finanziert. Die amerikanische Sparquote liegt bei lediglich 4 %, muss aber langfristig steigen. Das bremst die binnenwirtschaftliche Dynamik – ein Effekt mit globaler Resonanz.

Zölle als Katalysator der Unsicherheit

Die zollpolitische Strategie der US-Regierung erzeugt ein dauerhaftes Grundrauschen an Unsicherheit. Ein Abschluss der aktuellen Verhandlungsrunde vor dem 9. Juli erscheint illusorisch – manche Experten rechnen erst im Frühjahr 2026 mit Klarheit. Solange dieser Schwebezustand anhält, dürfte der Dollar schwach bleiben.
 

Bereits jetzt hat China seine Exporte durch gezielte Wechselkurspolitik verstärkt nach Europa umgeleitet – sichtbar seit April und Mai. Gleichzeitig droht der bilaterale Handel zwischen den USA und China um bis zu zwei Fünftel einzubrechen. Auch Japan reagiert zunehmend sensibel – als weltweit größter Gläubiger der USA ein nicht zu unterschätzendes Signal.

Drei Effekte der Entkopplung

Sollten die Zölle bestehen bleiben, sind drei makroökonomische Wirkmechanismen absehbar. 

Export-Effekt: Ein sinkendes US-Handelsbilanzdefizit reduziert das globale Angebot an US-Dollar – ein Szenario, das die Liquidität an den Kapitalmärkten beeinflusst.

Inflations-Effekt: Zölle treiben die Preise in den USA. Das kann zu steigenden Leitzinsen führen, was wiederum internationale Kapitalflüsse kurzfristig reaktivieren könnte.

Wachstums-Effekt: Die Überschussländer – allen voran Deutschland – leiden unter der rückläufigen Nachfrage aus den USA. Das dämpft das Wachstum in exportorientierten Volkswirtschaften.

Wechselkursrisiken auf dem Radar

Für international tätige Unternehmen bedeutet diese Gemengelage: Wechselkursschwankungen und Translationsrisiken rücken ins Zentrum der Finanzsteuerung. Besonders kritisch: die Bewertung ausländischer Nettovermögen, die nach IFRS 9 in der Rücklage und im sonstigen Ergebnis zu erfassen sind. Eine Abwertung des US-Dollar kann das Eigenkapital und das Gesamtergebnis empfindlich beeinträchtigen – oft ohne währungstechnische Absicherung.

Was CFOs jetzt tun können

Eine Überprüfung des FX-Risikomanagement ist sinnvoll. Denn Währungsschwankungen und Zollschranken schlagen sich letztlich auf die Verkaufspreise nieder – und damit auf die Marktposition mittelständischer Exporteure.