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Fachkräftemangel ist überall

24.05.2024

Liebe Freunde der Schwarzwald AG,

ein Plakat wie ein Schlag ins Gesicht: „Seien Sie nett zu unseren medizinischen Fachangestellten. Sie sind schwerer zu bekommen als unsere Patienten.“ So stand es in der Freiburger Arztpraxis für den Patienten mehrfach am Eingangstresen zu lesen. 

Schon vor dem ersten Gruß sind die Bedingungen klar. Chef im Ring ist nicht mehr der frühere „Halbgott in Weiß“ und natürlich auch nicht der leidende und finanzierende Patient. „Ich bin am knappsten“, jubiliert die (Teilzeit-)Fachkraft selbstbewusst. Der Fachkräftemangel hat die Karten neu gemischt, das Zepter ruht in der Hand des knappen und stolz plakatierenden Arbeitnehmenden.

Knapp bedeutet aber keineswegs gut. Weder in der Qualität noch der Quantität der Aufgabenerfüllung. Knapp bedeutet auch nicht unbedingt freundlich. Knapp bedeutet hier, dass der Patient seine medizinischen Sorgen schwerer befriedigen kann und die Praxis unterhalb ihrer ärztlichen Möglichkeiten bleibt. Das kann niemanden freuen.

Bedenklich stimmt das Plakat, weil es eine gesamtgesellschaftliche Tendenz „plakativ“ formuliert. Die Freiburger Praxis ist gewiss kein Einzelfall, Fachkräftemangel ist überall, erst recht in der exportstarken mittelständischen Industrie in Süddeutschland, die schon seit Jahren personell unter ihren Möglichkeiten bleibt. Die klare Botschaft auch hier: Nicht der (Welt-)Markt oder unsere Geschäftsmodelle bremsen unsere Unternehmen aus, wir sind es als Gesellschaft selbst.

Der Arbeitsmarkt und sich daraus ergebende Mentalitätsveränderungen sind – neben der ausufernden Bürokratie – zu unserer Achillesferse geworden. Employer Branding kann wohl den einzelnen Arbeitgeber retten, aber keinesfalls alle. Immer mehr Menschen arbeiten immer weniger. Und wollen mehr Geld. Sonst arbeiten sie weniger. Vier-Tage-Woche, Rente mit 63 und Bürgergeld verschärfen das Problem. Wer wird den Wohlstand der Zukunft erarbeiten?

Übrigens: Freundlichkeit ist keine Frage von Knappheits- oder Machtverhältnissen. Freundlich ist man nicht aus niederen Motiven oder weil man es unter Druck sein muss. Freundlich sollten alle sein. Zu allen. Immer. Weil es sich so gehört.

Mit freundlichen Grüßen


Ihr Dr. Christoph Münzer