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Finanzierung zwischen Unsicherheit und Erneuerung

09.10.2025

Rückblick | Finanzierungsgipfel: Krise plus Restrukturierung gleich Chance? | 09.10.2025 | Luisenhöhe, Horben


Wie bleibt das Zepter des Handelns in der eigenen Hand?

Wenn der “Kittel brennt”, zählt jede Minute. Wenn der finanzielle Handlungsspielraum sinkt, liegt zwischen Gestalten und Getrieben werden ein erstaunlich schmaler Grat. Das Heft des Handelns behält in der Hand, wer den Problemstau im eigenen Unternehmen rechtzeitig erkennt, anerkennt und löst.  

Wo verläuft die Grenze zwischen Transparenz und Angst? Mit dieser Frage brachte Stephan Link, Geschäftsführer der Mesa Parts GmbH den Entscheidungskorridor des Managements auf den Punkt. Wann kann die Bank oder der Berater unterstützen? Und wo ist das Unternehmen auf sich selbst zurückgeworfen? Link schilderte eindrücklich, welche Wege ein traditionsreiches Industrieunternehmen aus der Automobilbranche gehen kann, um sich aus der „Schraubzwinge“ zu befreien. Er ist sicher: Nur wer seine Liquidität im Griff hat, kann Gestaltungsspielräume nutzen. Planungshorizonte von drei bis fünf Jahren bleiben wichtig, doch Beweglichkeit bleibt wichtig. Liquidität ist kein beherrschter Prozess, wenn Kennzahlen nur rückwärtsgerichtet verstanden werden. Konkret heißt das: Wer Handlungsspielraum zurückgewinne möchte, kommt an unpopulären Entscheidungen nicht vorbei. So gilt es den Mitarbeitenden zu erklären, dass Gehaltssteigerungen nicht von der Inflation, sondern von der Produktivitätsentwicklung abhängen. Fokus auf Fakten und den eigenen Einflussbereich sind die Grundlagen dafür, an sich selbst zu arbeiten. Auch wenn nur 30% des Gesamtergebnisses in der eigenen Hand liegen.

Wie dynamisch Krisen verlaufen, verdeutlichten Jochen Moesslein und Stefan Reber, Geschäftsführer der novaSES GmbH. Die Insolvenz in Eigenverwaltung habe gezeigt, dass man das Heft des Handelns nur begrenzt in der Hand halten kann. Aber auch, dass ein Neustart Freiheit schaffen kann. „Wir mussten die verklebten Moleküle wieder lösen, so entstehen neue Chancen.“ Mit radikalem Schnitt, klarer Kommunikation und einem pragmatischen Neubeginn hat novaSES den Neustart geschafft. Obstkörbe für die Mitarbeitenden waren nicht nötig, denn „Äpfel gibt’s auch bei Aldi“. Viel wichtiger ist Vertrauen und beherztes zupacken.

Dr. Christoph Weiß von der 10-P Consult AG erweiterte die Perspektive mit dem Kerngedanken: „Ein gesundes Unternehmen löst stets mehr Probleme als es neu schafft und denkt dabei immer von außen nach innen“. Viele Unternehmen säßen „im Cockpit und sehen schwarz“, weil Verantwortung, Entscheidungskompetenz und Messbarkeit fehlen. Er warnte: Wenn der Problemvorrat schneller wächst als die Lösungskapazität, ist der Kipppunkt erreicht. Dann hilft nur strukturiertes Vorgehen. Mit Transparenz, klaren Verantwortlichkeiten und einem echten Führungsverständnis. Je früher die schwierige Situation erkannt wird, desto größer der Hebel.

Clemens Pultar und Philipp Dietsche von der Volksbank Freiburg erinnerten daran, dass Banken keine Sanierer sind, sondern Partner, solange Vertrauen und Kommunikation stimmen. Wer frühzeitig das Gespräch sucht, hat Gestaltungsspielraum. Wer zuwartet, riskiert, dass „die Bank sich hinter der BaFin versteckt“. Ratenrückstände, schlechte Ratings, Überziehungen und Überschreitung der Limits seien keine Einzelfälle, sondern Frühwarnsignale. Und: Wenn die Zahlen zu schlecht sind, fallen die Banken als Finanzierungsquelle aus. Frühzeitige Offenheit ist die beste Form von Risikomanagement.

Jörg Steinbrinck von der CONCEPT AG schließlich machte klar, was ein überzeugendes Sanierungskonzept leisten muss: Orientierung, Struktur, Transparenz. „Struktur schlägt Bauchgefühl“ – nur wer integriert plant, schafft Vertrauen bei Finanzierern. Liquidität sei der Sauerstoff jeder Strategie: „Liquidität frisst Strategie – wer kein Cash hat, verliert die Handlungshoheit.“