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Industrie trifft Weinbau: Der Product Carbon Footprint

26.04.2024

Rückblick Infoveranstaltung: Die Produkt-CO2-Bilanz in der Praxis​ – ​​Ansätze aus Industrie und Weinbau

Ein besonderer Gastgeber, das Staatsweingut Freiburg, und ein hochaktuelles Thema, das derzeit sehr viele Mitgliedsunternehmen beschäftigt, die Produkt-CO2-Bilanz – besser bekannt als Product Carbon Footprint (PCF)*. Wenn ein Industrieverband ins Weingut einlädt, kann das viele Gründe haben. Jubiläumsfeier, Vorstandssitzung, Mitgliederversammlung, … doch dass ein ganzer Nachmittag sehr angeregt und detailliert über CO2-Bilanzen, Emissionsfaktoren, Reduktionsziele, Berichtspflichten und vieles mehr gesprochen wird, ist vermutlich eher ungewöhnlich. Mindestens genau so gewöhnungsbedürftig ist die mit badischem Wein gefüllte 0,5l-Bierflasche (siehe unten), welche allerdings mit einem um 60 Prozent reduzierten PCF daherkommt. Dieses ungewöhnliche Pilotprojekt des Staatsweinguts Freiburg in Kooperation mit dem wvib-Mitglied, der Brauerei Ganter GmbH, war der Auslöser für die Infoveranstaltung mit einem vollgepackten Programm zum Product Carbon Footprint.

Nach der Begrüßung durch Kolja Bitzenhofer (Leiter Staatsweingut Freiburg) und Gregor Preis (Community Manager Cluster Nachhaltigkeit), erklärte Pascal Benoit (Geschäftsführer Enit Energy IT Systems GmbH) für alle Teilnehmenden die grundlegende Idee eines Product Carbon Footprint und stellte verschiedene Möglichkeiten dar, wie die produktspezifische CO2-Bilanzierungen gelingen kann. Bereits nach dem ersten Vortrag gab es viele Fragen aus dem Publikum, und es wurde deutlich, dass alle anwesenden Unternehmen sich entweder aktiv mit dem PCF auseinandersetzen oder bereits mit Anfragen von Kunden konfrontiert sind. 
Im Anschluss folgten zwei Best-Practice-Beispiele der Unternehmen RUCH NOVAPLAST GmbH und J. Schmalz GmbH. Manja Hies (Leiterin Nachhaltigkeit, J. Schmalz GmbH) zeigte auf, dass ihr Unternehmen die PCFs für die eigenen Produktgruppen bereits berechnet hat und gab spannende Einblicke, wie sie diese in Zukunft nachhaltig reduzieren möchten. Birgit Kunzweiler (Referentin der Geschäftsführung, RUCH NOVAPLAST GmbH) stellte den Inhouse-entwickelten CO2-Produkt-Kalkulator vor, welcher unter anderem dem Vertriebsteam ermöglicht, dem Kunden bereits in der Angebotsphase die PCFs verschiedener Spezifikationen zu veranschaulichen. 
Nach einer sehr lebhaften Diskussionsrunde waren sich alle Beteiligten einig, dass bei den PCF-Angaben aktuell leider zu oft Äpfel mit Birnen verglichen werden. Grund dafür sind der erschwerte Zugang zu Emissionsdaten, welche aus verschiedenen Quellen (Primärdaten versus Durchschnittsdaten aus Datenbanken) mit unterschiedlichen Qualitäten bezogen werden und keine eindeutig geregelten Berechnungsprozesse. Der Wunsch nach einem internationalen Standard wurde mehrfach geäußert. Doch bis es soweit ist, bleibt zunächst nur der Vergleich mit sich selbst.

Die beteiligten Referierenden haben als Dankeschön von der wvib Schwarzwald AG einen Wein in der Bierflasche erhalten.

Zum Abschluss gab es für die teilnehmenden Industrieunternehmen einen Blick über den eigenen Tellerrand ˜– und zwar in den Weinbau. Kolja Bitzenhofer erläuterte, welche Erkenntnisse sie durch die Berechnung der CO2-Bilanz einer Flasche Wein erhalten haben und wieso sie im letzten Jahr damit angefangen haben, Wein in Bier-Mehrwegflaschen abzufüllen. Dieses Pilotprojekt läuft derzeit so erfolgreich, dass zukünftig fünf Weine des Staatsweinguts in den 0,5l-Bierflaschen abgefüllt und zum Verkauf angeboten werden. Bei einer kleinen Tour durch den Weinberg wurden am Ende natürlich auch noch ein paar Weine verkostet und fleißig genetzwerkt.


* “Der Product Carbon Footprint bezeichnet die Bilanz der Treibhausgasemissionen entlang des gesamten Lebenszyklus eines Produkts in einer definierten Anwendung und bezogen auf eine definierte Nutzeinheit.” (Memorandum von BMU, UBA, Öko-Institut, 2009).