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Mini-Plus bei geringer Zuversicht

30.07.2025

Gottenheim, 30. Juli 2025: Die wirtschaftliche Lage in der baden-württembergischen Industrie hat sich in den letzten sechs Monaten leicht verbessert. Auch wenn das Wachstum zuletzt wieder etwas nachgelassen hat: In den Unternehmen keimt die zarte Hoffnung auf bessere Geschäfte. Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage der wvib Schwarzwald AG zum ersten Halbjahr des Jahres 2025, die heute bei der SensoPart Industriesensorik GmbH in Gottenheim vorgestellt wurde. 

Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer: „In der Industrie herrscht nach wie vor gedrückte Stimmung. Stagnation, Attentismus, Schwunglosigkeit sind die Stichworte, auch wenn zuletzt ein wenig Hoffnung aufkam. In ihren Planungen bleiben die Unternehmen weiter vorsichtig, sie drücken auch beim Personal auf die Bremse. Die Unsicherheit kommt aus den USA und aus China, und auch aus Berlin kommt bislang ein deutlich besserer Sound, aber noch keine wirkliche Hilfe.“ 

Für das erste Halbjahr des Jahres 2025 meldeten die wvib-Mitgliedsunternehmen ein Umsatzplus von 0,95 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im ersten Quartal des Jahres betrug das Umsatzplus noch 2,3 Prozent. Diese positive Veränderung ist teilweise auf einen Basiseffekt zurückzuführen: Im Gesamtjahr 2024 hatte sich der Umsatz um 4,8 Prozent verschlechtert. 
Insgesamt meldeten 53,7 Prozent der Unternehmen gesunkene Umsätze. Gestiegene Umsätze gaben in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 40,6 Prozent der Unternehmen an. In den ersten drei Monaten des Jahres waren die Umsätze bei 50,5 Prozent der Unternehmen geringer, bei 38,7 Prozent der Unternehmen sind sie in diesem Zeitraum gestiegen. 

Die Erwartungen der Unternehmen haben sich zuletzt erneut verbessert: 29,2 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit steigenden Umsätzen (Q1 2025: 27 Prozent), wohingegen 17,6 Prozent mit einem Umsatzrückgang rechnen (Q1 2025: 19,1 Prozent).

Verrechnet man positive und negative Umsatzentwicklung, so erhält man einen Wert für die Geschäftslage der Unternehmen. Analog dazu ist die Geschäftserwartung der Saldo aus positiver und negativer Umsatzerwartung. Aus dem Mittel zwischen Geschäftslage und Geschäftserwartung bildet sich das wvib-Geschäftsklima. 

Das wvib-Geschäftsklima liegt derzeit bei minus 1,1 Punkten – der beste Wert seit dem Ende des Jahres 2023. Vor drei Monaten lag das Geschäftsklima bei minus 2,1 Punkten. Zur Erinnerung: Vor einem Jahr lag das Geschäftsklima mit minus 21 Punkten noch deutlich tiefer im negativen Bereich. 

Während die Geschäftslage weiter im negativen Bereich verharrt (minus 13,1 Punkte), haben sich die Geschäftserwartungen in den letzten drei Monaten verbessert (11,6 Punkte) und tragen so zur relativen Aufhellung des Geschäftsklimas bei. In der Umfrage vor drei Monaten war die Geschäftslage mit minus 11,7 Punkten zwar geringfügig besser als heute, durch die etwas schlechtere Geschäftserwartung von 7,8 Punkten ergab sich vor drei Monaten aber ein niedrigeres Geschäftsklima. 

Betrachtet man das Geschäftsklima im Detail, zeigen sich zwischen den einzelnen Branchen Unterschiede: Im Automotive-Cluster liegt die Geschäftslage mit 33,3 Punkten deutlich im Minus. Die Geschäftserwartungen sind mit 16,6 Punkten dagegen erstmals seit Ende 2022 wieder positiv. In Summe liegt das Geschäftsklima damit bei minus 10 Punkten.

Im Cluster Maschinenbau ist das Geschäftsklima mit minus 8 Punkten ähnlich schlecht wie bei den Automobilzulieferern. Spannend: Die Geschäftslage liegt mit minus 27,4 Punkten deutlich tiefer, die Geschäftserwartungen rangieren mit 14,1 Punkten dagegen deutlich im Plus. 

Deutlich besser läuft es im Cluster Medizintechnik: Hier sind sowohl Geschäftslage (21,4 Punkte) wie Geschäftserwartung (31,6 Punkte) im positiven Bereich. Entsprechend gut ist mit 26,4 Punkten das Geschäftsklima. (Gesamtjahr 2024: 0,4 Punkte, 1. HJ. 2024: minus 14,5 Punkte).

Die Geschäftserwartungen mögen sich deutlich verbessert haben – im Auftragseingang ist die Stimmungsaufhellung noch nicht merklich spürbar. In den ersten sechs Monaten des Jahres ist der Auftragseingang in den Unternehmen um lediglich 0,6 Prozent gestiegen. Dabei betrug der Anstieg in den ersten drei Monaten des Jahres noch 3,8 Prozent. Im Gesamtjahr 2024 war der Auftragseingang um etwa 1 Prozent rückläufig. 
Verbessert hat sich der Auftragseingang bei rund 42 Prozent der Unternehmen, verschlechtert bei 40,2 Prozent. Vor drei Monaten meldeten noch rund 49 Prozent der Unternehmen einen verbesserten Auftragseingang und nur 34 Prozent eine Verschlechterung. 

Im nächsten halben Jahr erwarten 28,3 Prozent der befragten Unternehmen eine Verbesserung – 13,8 Prozent rechnen mit einem schlechteren Auftragseingang. Diese Werte decken sich in etwa mit jenen der Umfrage von vor drei Monaten: 27,3 Prozent rechneten seinerzeit mit höherem, 16,9 Prozent mit geringerem Auftragseingang. 

Die Ertragslage beurteilen 19,2 Prozent der Befragten mit „gut“ (2024: 17,5 Prozent), 51,1 Prozent als „befriedigend“ (2024: 52 Prozent) und 29,7 Prozent als „schlecht“ (2024: 30,5 Prozent). 17 Prozent erwarten eine Verbesserung – vor rund sechs Monaten waren es 18 Prozent. Wo vor sechs Monaten 25 Prozent mit fallenden Erträgen rechneten, sind es heute rund 17 Prozent. 

In den vergangenen Monaten konnte man immer wieder Schlagzeilen über Stellenabbau lesen. Allerdings landet nicht jeder Fall in der Zeitung. Unsere Umfrage belegt, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt: Rund 56,8 Prozent der befragten Unternehmen haben in den letzten sechs Monaten ihre Belegschaft verkleinert. 31 Prozent haben dagegen Personal eingestellt. Vor sechs Monaten haben 53,3 Prozent ihre Belegschaft verkleinert und 34,8 Prozent vergrößert. 
Eine ähnliche Sprache sprechen auch die Prognosen zur Entwicklung der Mitarbeiterzahl: Nur noch 19,6 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit mehr Beschäftigten (2024: 28,8 Prozent). 18,6 Prozent erwarten dagegen einen Rückgang – vor sechs Monaten waren es noch rund 17 Prozent. 

Die Kapazitätsauslastung der Unternehmen hat sich in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert: Nur noch 6,6 Prozent meldeten eine verbesserte Auslastung, bei 21,4 Prozent blieb sie unverändert. 72 Prozent gaben eine eher niedrige, schlechte Auslastung ihrer Produktion an. Vor sechs Monaten lagen diese Werte bei knapp 10,1, 22,3 und 67,7 Prozent.

Die Investitionsquote der Unternehmen liegt derzeit bei 4 Prozent. Vor sechs Monaten lag sie bei 6,1 Prozent. 

In der CEO-Zusatzfrage hat sich der wvib nach der Risikowahrnehmung der Unternehmensführer in der Schwarzwald AG erkundigt. Ergebnis: Die Unsicherheit bleibt groß. Der Aussage „Im Moment erleben wir ein besonders hohes Maß an Unsicherheit“ findet große Zustimmung: 32,5 Prozent stimmen vollständig, 38 Prozent überwiegend zu. 

Diese Unsicherheit scheint auch nicht vorübergehend zu sein. Den meisten Unternehmen fällt es schwer (24,7 Prozent) oder eher schwer (62,7 Prozent), mittelfristige Vorhersagen zu treffen, nur 12 Prozent fällt es eher leicht. Interessant: Langfristige Prognosen lassen sich etwas besser machen: Diese fallen 22,3 Prozent schwer, 52,4 Prozent eher schwer und 24,7 Prozent eher leicht. 

In der Umfrage hat sich der Wirtschaftsverband auch nach verschiedenen Unsicherheitsfaktoren erkundigt. Besonders die Politik treibt die Managerinnen und Manager um: An der Spitze der Risikoskala stehen mit „Wirtschaftspolitik“ und „Bürokratie“ hausgemachte, beeinflussbare Faktoren. Der Risikofaktor „Demographie“ landet auf dem Vierten, der Angriffskrieg auf die Ukraine auf dem fünften Platz. Ebenfalls interessant: Der Klimawandel landet im Risiko-Ranking auf dem letzten der zehn Plätze. 

Ob und wie stark das XXL-Schuldenpaket die Konjunktur anschiebt, ist fraglich. Ohne weitere Reformen wird es zu einem gigantischen Strohfeuer. Mit der Mütterrente, der Gastromehrwertsteuer, der Rentengarantie und der Agrardiesel-Rückvergütung hat sich die Koalition bislang eher teuren Wahlgeschenken gewidmet als dringend notwendige Strukturreformen vorgenommen. Das Steuerpaket ist ein zu kleiner Schritt.

Der Ausblick von wvib-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer: "Die neue Bundesregierung ist mit Vertrauensvorschuss gestartet. Europa muss sich in der Welt besser schützen können. Dazu muss Deutschland stärker werden. Dafür brauchen wir grundlegende Fitness-Reformen, die wir seit Jahren verschleppen. Der industrielle Mittelstand drückt einem breiten Reformkonsens die Daumen. Das drängt auch die politischen Ränder zurück.”

Präsentation

Ihr Ansprechpartner im wvib ist Jonas Vetter, vetter@wvib.de, Tel. 0761 4567-110.

Die wvib Schwarzwald AG ist Plattform für People, Planet, Progress im familiengeprägten, industriellen Mittelstand in Baden-Württemberg. Mit über 1000 Veranstaltungen pro Jahr vernetzen wir Unternehmer und Führungskräfte, die sich für Unternehmen, Mitarbeiter, Kunden, Umwelt und Gesellschaft engagieren. Unser Angebot: Erfahrungsaustausch und Weiterbildung. Unser Ziel: Menschen in Unternehmen wirksamer machen. Unsere Themen: Werte, Strategie, Führung, Familie, Eigentum, technologische Perspektiven, neue Marktzugänge, Geschäftsmodelle und Soziale Marktwirtschaft.
Im wvib – gegründet 1946 von Unternehmern für Unternehmer – erwirtschaften 1.045 produzierende Unternehmen mit 319.000 Beschäftigten weltweit 75 Milliarden Euro Umsatz.  
Über 60 hauptamtliche Mitarbeiter spannen ein südwestdeutsches Netzwerk für „Wissen und Wärme" über die weltweit engagierte Schwarzwald AG.