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Mit Paradekanonen auf Demo-Spatzen geschossen

28.10.2025

Mit Paradekanonen auf Demo-Spatzen geschossen

Liebe Freunde der Schwarzwald AG,

seit knapp zwei Jahren gibt es das sogenannte Hinweisgeberschutzgesetz. Das Ziel des Gesetzgebers: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich am Arbeitsplatz entweder selbst in ihren Rechten eingeschränkt sehen oder aber ebendort kriminelle Praktiken ihrer Umwelt erkennen, sollen dies über spezielle Stellen melden können, ohne ihre Identität preisgeben oder gar selbst Repressalien fürchten zu müssen. Der schreckliche Verdacht: Ohne solche neutrale „Whistleblowing“-Stellen käme vieles Dunkle aus den Unternehmen nie ans Licht. 

Das Gesetz erlaubt Unternehmen in der Größe zwischen 50 und 249 Beschäftigten, diese Meldestellen mit Hilfe von Externen, wie z. B. Verbänden, zu betreiben. In unserem Fall haben dies 220 Unternehmen mit insgesamt rund 35.000 Beschäftigten getan. Im Gesetzgebungsverfahren wurde angenommen, dass es pro tausend Beschäftigte mindestens vier Meldungen pro Jahr geben dürfte. Für 35.000 Beschäftigte und knapp zwei Jahre wären das dann rund 280 potenzielle Fälle, für die das Gesetz gedacht war. Allerhand.

Die echte „Dunkelziffer“ ist skandalös. Es gab tatsächlich nur einen echten Fall, der uns gemeldet wurde. Es ging um eine mutmaßliche Beleidigung durch einen Vorgesetzen, der wir nachgegangen sind. Zudem ging noch eine zweite Meldung ein, die aber einen AGG-Fall (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) betraf, für den es interessanterweise eine andere, sehr ähnliche Meldekette gibt. Bürokratie kann es nie genug geben.

Man muss – wieder einmal – erkennen, dass der Mittelstand gar nicht der Ort der permanenten Vergehen ist, für den ihn der Gesetzgeber hält. Im Gegenteil, er ist um Faktoren ehrlicher, integrer und anständiger, als manche Politikerinnen und Politiker ahnen oder es offenbar aus ihrem eigenen Umfeld kennen. Das ist eine grandiose Nachricht! Sie würde noch besser, wenn der Gesetzgeber eingestünde, dass er gleich mit zwei Paradekanonen und großem Getöse auf einen Demo-Spatzen geschossen hat. Und das teure Manöver umgehend abbliese. Vermutlich wird aber eine neue Kommission samt Stab einberufen, die über dringende Entbürokratisierung diskutieren wird. 

Mit pfeifenden Grüßen
Ihr

Dr. Christoph Münzer