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Verkauf mit Verstand – statt aus Verlegenheit

09.07.2025

Rückblick | Chefsache: Verkaufs- und Beteiligungsstrategien | 09.07.2025 | Zollhaus, Bodman-Ludwigshafen


Baden-Württemberg ist das Land der Familienunternehmen. Wo Eigentum, Kontrolle und Führung Hand in Hand gehen, werden Handlungsschnelligkeit, Identität und Werteorientierung nicht in langen Strategieprozessen erarbeitet. Sie sind Teil der DNA des Unternehmens. Doch was, wenn die nächste Generation kein Interesse am Unternehmen hat? Wenn sich kein geeigneter Nachfolger findet? Wenn die externe Lösung immer wahrscheinlicher wird? “Verkaufen nicht wenn man muss, sondern wenn man kann” - so lautet das Motto von Alexandra Laufer von AP&S. Doch was heißt das genau? Wie viel Haltung, Vorbereitung und Konsequenz erfordert dieser Schritt? Auf was ist zu achten? Und wie kann der Verkauf neben der Entlastung für die Inhaber auch zum wirtschaftlichen Erfolg für das gesamte Unternehmen werden? 

 

Loslassen mit Plan

Wer loslassen möchte, muss zunächst selbst für Klarheit sorgen. Das geschieht nicht in zwei Monaten, sondern dauert mehrere Jahre. Alexandra Laufer hat diesen Weg konsequent beschritten: Von der Umstellung auf internationale Rechnungslegungsstandards bis hin zur Digitalisierung der Unternehmensdokumente. Der Verkaufsprozess ist ein Großprojekt für die Verkäuferseite - gerade, weil parallel das operative Geschäft weiterläuft. 

Ein durchdachtes „Financial Factbook“ ersetzt vage Erzählungen durch nachvollziehbare Fakten. Ein strukturierter Datenraum gibt M&A-Beratern und Investoren Orientierung. Wer frühzeitig mit einem erfahrenen Team aus Steuerberatern, Juristen und M&A-Experten arbeitet, erhöht die Chance auf einen sauberen und erfolgreichen Abschluss. Und was, wenn die Gerüchteküche unter den Mitarbeitenden brodelt? Cool bleiben, Termine mit bedacht auswählen und die Freigabestufen im Kalender nutzen. 

Fragen stellen

Wer verkaufen möchte, muss selbst die richtigen Fragen stellen: Wie sieht der ideale Käufer aus? Was sind Showstopper – in der Belegschaft, in den Zahlen, in den Verträgen? Ist die Firma ein Plattformunternehmen oder eher ein Add-on? Wer ehrlich und selbstkritisch in den Spiegel schaut, erkennt nicht nur Risiken, sondern auch Potenziale. Genau das ist die Voraussetzung für gezieltes Wachstum des Unternehmenswertes. Thorsten Kühn, Investor und Inhaber von P2-Consulting identifiziert sechs goldene Regeln für den Buy and Build-Prozess: Klein starten, Ressourcen für die Integration bereitstellen, KPIs monitoren, flexibel, skeptisch und bodenständig bleiben. 

Marke stärken

Dirk Pinter, Managing Partner der IDNTY GmbH und Jürgen Dreher sind Experten für Branding, Unternehmenswertsteigerung und emotionale Botschaften. Sie sind sich sicher: Wer die Marke stärkt, erhöht den Unternehmenswert. Markenarbeit ist mehr als ein Logo – sie ist Haltung, Konsistenz und Differenzierung. Gerade im B2B-Bereich entscheiden heute nicht nur Technik und Preis, sondern auch Vertrauen in das Unternehmen. Eine starke Brand ist ein Hebel: Für bessere Preise, loyalere Kunden, attraktivere Mitarbeitende – und einen höheren Verkaufspreis. Markenwert lässt sich messen – und gezielt entwickeln. Der Paradigmenwechsel: Erst der Nutzen für den Kunden, dann das Produkt. Und nicht umgekehrt. 

Tatsachen ins Auge sehen

Die Realität ist oft nüchterner als das Unternehmerherz wahrhaben will. Es gibt Verträge, die niemand mehr versteht. Es gibt Risiken, die im Alltagsbetrieb keine Rolle spielen – aber beim Due Diligence-Prozess entscheidend sein können. Wer hier früh aufräumt, schafft Vertrauen. Und wer sauber offenlegt, schützt sich vor späteren Regressen. Transparenz ist kein Risiko, sondern eine Investition in einen reibungslosen Verkauf. Was sich hier in kurzen Sätzen niederschreiben lässt, beschäftigt M&A Berater wie Andreas Rupp und Moritz Burwick von RSM Ebner Stolz in einem professionellen Due Diligence-Prozess mehrere Monate. Für den Verkäufer können die sogenannte Vendor Due Diligence und das Fact Book interessante Instrumente sein um Vertrauen in das Unternehmen zu stärken und den Prozess proaktiv zu gestalten. 

Familie ins Boot holen

Ein Unternehmensverkauf ist nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein emotionaler Einschnitt. Wer Verantwortung für Generationen getragen hat, muss sich nun mit anderen Fragen beschäftigen: Wie wird das Vermögen strukturiert? Was bleibt von der unternehmerischen Identität? Und wie bindet man Ehepartner, Kinder oder gemeinnützige Zwecke sinnvoll ein? Die Nachfolge endet nicht mit der Unterschrift, sondern beginnt oft erst danach. Philipp Mahlo und Guido Singer sind bei der ODDO BHF die Experten für alle Fragen rund um das Thema Private Wealth. Hier gilt der Grundsatz: Wer rechtzeitig schreibt, der bleibt. 

Ein Unternehmensverkauf ist kein Scheitern, sondern eine unternehmerische Entscheidung. Wer sie gut vorbereitet, wer sich beraten lässt, wer Fragen stellt und offen kommuniziert – der erhöht nicht nur den Unternehmenswert, sondern auch die eigene Handlungsfreiheit. Alexandra Laufer hat es vorgemacht: Mit Haltung, mit Weitsicht und mit einem klaren Ziel. Verkaufen sollte kein Notfall sein – sondern ein strategischer Schritt. Nicht aus Verlegenheit, sondern mit Verstand.